Baden-Württembergs Kinder sprechen immer seltener Dialekt

In der bislang umfangreichsten Untersuchung zum Dialekt in der Schule kommt das Ludwig-Uhland-Institut der Universität Tübingen zu dem Ergebnis: Kinder in Baden-Württemberg sprechen nur noch selten echten Dialekt. Ihr Sprachalltag liegt heute zwischen Dialekt und Standardsprache. Die Arbeitsstelle Sprache in Südwestdeutschland befragte landesweit Grundschülerinnen und Grundschüler der 1. und 2. Klasse sowie deren Lehrkräfte und verglich die Ergebnisse mit einer Kindergartenuntersuchung in Bayerisch-Schwaben.

Prof. Dr. Hubert Klausmann, Leiter des Forschungsprojekts, erläutert: „Den einfachen Gegensatz Dialekt – Hochdeutsch gibt es im südwestdeutschen Raum nicht mehr. Viele Kinder bewegen sich heute sprachlich auf verschiedenen Ebenen zwischen dem alten Ortsdialekt und dem, was man allgemein für Hochdeutsch hält.“ Dabei gibt es große räumliche Unterschiede. Ländliche Regionen mit großer Identitätsmöglichkeit und großer Entfernung zur Großstadt sind Rückzugsgebiete der Dialekte. „Zudem spielt die Einstellung gegenüber dem Dialekt eine wichtige Rolle: Findet die beurteilende Person Dialekt bei einem Kind positiv, so steigt der Anteil der Dialekt sprechenden Kinder. Für mich ist deshalb die wichtigste Maßnahme gegen den Dialektverlust ganz klar: Sprachliche Variationen müssen als etwas Normales verstanden werden“, fasst Klausmann seine Ergebnisse zusammen.

Die Eva Mayr-Stihl Stiftung fördert das Projekt. „Unserem Stifter liegen der Dialekt und seine Pflege sehr am Herzen – auch wenn es sich bei ihm um den oberbayerischen handelt. Unsere Stifterin sprach ein gepflegtes Schwäbisch. Deshalb unterstützt unsere in Waiblingen ansässige Stiftung nicht nur die baierische Sprache, sondern setzt sich jetzt auch für die schwäbische ein“, so Michael von Winning, Mitglied des Vorstands der Eva Mayr-Stihl Stiftung. „Dialekt ist ein hohes Kulturgut, das es zu erhalten gilt.“

Ministerpräsident Winfried Kretschmann hatte im Jahr 2020 eine Dialektinitiative ins Leben gerufen. Insbesondere Kinder und Jugendliche sollten wieder für den Dialekt begeistert werden, denn nur so könne dieser kulturelle Schatz für die Zukunft bewahrt werden. „Um diese Initiative erfolgreich umsetzen zu können, ist diese Untersuchung des Status Quo unserer Meinung nach eine sehr sinnvolle Vorarbeit“, so von Winning, „denn wenn das Thema Dialekt in seiner vielfältigen Form und Entstehungsgeschichte auch Eingang in die Schulen finden soll, wie die Landesregierung plant, sollte man die Einflussfaktoren kennen und beurteilen können.“

 

Stiftungsporträt
Die Eva Mayr-Stihl Stiftung ist eine unabhängige, gemeinnützige Stiftung. Sie wurde 1986 von Eva Mayr-Stihl und Robert Mayr gegründet. Schwerpunkte der Stiftungsarbeit sind Wissenschaft und Forschung, Medizin sowie Kunst und Kultur.

Stiftungsvorstand: Robert Mayr (Vorsitzender), Michael von Winning

Pressekontakt:

Prof. Dr. Hubert Klausmann

Universität Tübingen

Arbeitsstelle „Sprache in Südwestdeutschland“

hubert.klausmann@uni-tuebingen.de

 

Eva Mayr-Stihl Stiftung

Katharina Edlinger

Weingärtner Vorstadt 10 

71332 Waiblingen

Tel.: +49-7151-96633-14

E-Mail: edlinger@stihl-stiftung.de

Internet: www.eva-mayr-stihl-stiftung.de

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Bilder zur Meldung
Prof. Klausmann und Michael von Winning mit der Stadt Tübingen im Hintergrund
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Prof. Dr. Hubert Klausmann, Leiter des Forschungsprojekts, und Michael von Winning, Vorstandsmitglied der Eva Mayr-Stihl Stiftung auf Schloss Hohentübingen.
(c) Eva Mayr-Stihl Stiftung