Stresslevel senken
Die Eva Mayr-Stihl Stiftung wird dieses Jahr ein weiteres Projekt mit 500.000 Euro fördern, das die Resilienz der Mitarbeiter am Klinikum Traunstein in Stresssituationen unterstützt. Besonders im Fokus stehen bei diesem Projekt die so genannten Ad-Hoc Notfallteams, die bei der Versorgung von schweren Unfällen sowie in Krisen bei lebensbedrohlichen Erkrankungen einer hohen psychischen Belastung ausgesetzt sind.
Das Projekt knüpft an die Ergebnisse der gemeinsamen Initiative des letzten Jahres an, das vor allem für Pflegefachkräfte konzipiert war. Besonders erfolgreich waren hier unter anderem die Maßnahmen auf den Intensivstationen, wo es seit letztem Jahr psychotherapeutische Fachkräfte gibt, die in schwierigen Situationen gezielt unterstützen. Diese Maßnahmen werden fortgesetzt. Und dort setzt auch das Folgeprojekt „Stresslevel senken - Teamresilienz stärken“ an. Mitarbeiter sollen vor möglichen seelischen Überlastungen präventiv geschützt werden. Regelmäßig wird zukünftig der Stresslevel auf den Stationen gemessen. In jedem Team werden Lotsen ausgebildet, die als Ansprechpartner für die Mitarbeiter fungieren. Ferner werden Führungskräfte intensiv darin geschult, Mitarbeiter positiv zu bestärken. Für die besonders geforderten Notfallteams wird ein intensives Simulationstraining eingeführt, mit dem Notfälle mit modernsten Simulatoren regelhaft vor Ort geübt werden. Wichtiger Bestandteil des Projekts ist die allgemeine Sensibilisierung für die Erhaltung und Förderung des psychischen und emotionalen Wohlbefindens in den Teams.
„Unsere Mitarbeiter in Medizin und Pflege tragen eine hohe Verantwortung und sind täglich mit schwerwiegenden Ereignissen wie Tod, Trauer und anderen Schicksalsschlägen konfrontiert. Es ist uns ein Anliegen, sie in einem immer komplexer werdenden klinischen und gesellschaftlichen Umfeld entsprechend zu stärken und sie nicht nur technisch, sondern auch emotional gut auszustatten. Dem Menschen im System einen starken Rückhalt zu geben, ist eine wesentliche Aufgabe, der wir uns am Klinikum Traunstein mit Unterstützung der Eva Mayr-Stihl Stiftung nun noch stärker widmen können“, erklärt Dr. Uwe Gretscher, Vorstandsvorsitzender der Kliniken Südostbayern.
Psychosoziale Unterstützung auf den Intensivstationen
Schon letztes Jahr wurde mit der Entlastung bei psychosozialen Themen im sensiblen Intensivpflege-Bereich begonnen. Zwei psychologisch geschulte Fachkräfte sind seitdem im Einsatz, die den Patienten und ihre Angehörigen in schwerwiegenden Ausnahmesituationen zur Seite stehen. Dies entspannt die Situation für alle Beteiligten erheblich und hilft damit auch den Intensivpflegekräften. Dass dieses Angebot weitergeführt werden kann, ist der Eva Mayr-Stihl Stiftung zu verdanken, denn es ist kein Bestandteil der Regelversorgung, der über die Krankenkassen refinanziert werden kann. Eine Reihe von Kliniken unter Leitung der DIVI (Deutschen Interdisziplinäre Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin) setzt sich aber schon seit einigen Jahren gemeinsam für eine Aufnahme dieser Leistungen in die Regelversorgung ein. Mit diesem Projekt nimmt das Klinikum Traunstein ebenfalls daran teil. So sind im Herbst dieses Jahr zwei Veranstaltungen am Klinikum Traunstein zu den Themen seelische Bedürfnisse und Angst für die Öffentlichkeit geplant.
Präventiv vor Überlastungssituationen schützen
Es gibt jedoch nicht nur auf den Intensivstationen, sondern in jedem Bereich des Gesundheitswesens außergewöhnliche Belastungen, wie auch der jährliche Psychreport der DAK bestätigt. Die Daten aus dem vergangenen Jahr zeigen, dass sich die Fehltage wegen psychischer Leiden besonders im Gesundheitswesen auf Rekordniveau befinden. „Folglich ist es hier wichtig, etwas zu tun“, so Steffen Köhler, Leiter des Bereichs Personal in den Kliniken Südostbayern. Sein Team hat gemeinsam mit einem erfahrenen Institut ein Konzept entwickelt, mit dem man die Förderung der psychischen und emotionalen Gesundheit im Unternehmensleitbild noch besser verankern kann. „Dazu muss vor allem eine entsprechende Sensibilisierung stattfinden und man muss herausfinden und verfolgen, welche Bereiche besonders gefährdet sind“, so Köhler.
„Einen hohen Stellenwert hat hier auch, dass Führungskräfte intensiv geschult werden. So sind drei intensive Themenworkshops geplant. Führungskräfte sollen lernen, die Resilienzpotentiale der Mitarbeiter zu fördern, mit Methoden der Krisenkommunikation auf belastende Ereignisse positiv bestärkend zu reagieren, und den Mitarbeitern Wege zur Bewältigung von strukturellen Problemen im vulnerablen Umfeld aufzuzeigen. Ferner wird ein Team von Gesundheitslotsen in der Belegschaft ausgebildet, die in den einzelnen Abteilungen Belastungen und Konflikte frühzeitig erkennen und präventiv tätig werden“, fügt Elisabeth Ulmer, Vorstand der Kliniken Südostbayern, hinzu.
Niederschwelliges Simulationstraining
Neben den Intensivstationen sind auch die Notfallteams besonders gefährdet. Die sogenannten Ad-hoc Teams kümmern sich im Fall von schweren Unfällen und Krisen bei lebensbedrohlichen Erkrankungen (Herzinfarkt, Schlaganfall, etc.) um eine schnelle und meist lebensentscheidende Versorgung, z. B. im Schockraum der Notaufnahme, im OP-Saal, in der Pädiatrie oder im Kreißsaal. Diese Teams arbeiten jeweils spontan für die Stabilisierung des Patienten zusammen, d. h. sie formieren sich immer neu und bestehen aus den gerade diensthabenden Mitarbeitern verschiedener Fachrichtungen und Berufsgruppen (Ärzte, Pflegekräfte, Laboranten und technische Assistenten). Das erfordert von jedem Teammitglied in kürzester Zeit ein hohes Maß an Selbst- und Fremdvertrauen und die Fähigkeit, auch in einem nicht eingespielten Team sofort (ad-hoc) effektiv zusammenzuarbeiten. Die extremen Umstände begünstigen Missverständnisse und Konflikte, die schwerwiegende Konsequenzen haben können. Tritt dieser Fall ein, kommt es zu Selbstvorwürfen, Traumatisierung und einer permanenten Angst vor diesen Stress- und Konfliktsituationen.
Im Rahmen des Projekts werden nun regelhaft intensive Trainingseinheiten angeboten, um die Mitarbeiter besser auf die Stresssituationen und die spontane Zusammenarbeit bei schwerwiegenden Notfalleinsätzen vorzubereiten. Modernes Simulationsequipment wird für das berufsgruppen- und fachübergreifende Training beschafft. Ein „In Situ-Simulationstrainingsplan“ wird erstellt. Das ist eine Trainingstechnik, mit der die Teams während der regulären Arbeitszeit und in der realen Arbeitsumgebung mit der gegebenen Ausrüstung und den vorhandenen Ressourcen trainieren. Angewendet werden in den gemeinsamen Trainingseinheiten von ärztlichem und pflegerischem Personal die Crew-Ressource-Management Grundsätze, die ursprünglich aus der Luftfahrt kommen. Diese stärken gezielt die Kommunikations- und Kooperationsfähigkeit der einzelnen Teammitglieder in stressigen und unübersichtlichen Situationen und steigern damit gezielt die Aufmerksamkeitsspanne.
„In den sehr praktisch ausgerichteten Simulationsszenarien können auch seltene Notfälle in einer geschützten Atmosphäre geübt werden. Da das Training direkt im Klinikum stattfindet, kann es zu jeder Zeit spontan und niederschwellig durchgeführt werden. Das hat den Vorteil, dass keine Termine in Simulationszentren gebucht werden müssen und keine Zeit und Ressourcen durch An- und Abreise verloren gehen. Dadurch besteht die Möglichkeit Trainings öfter abzuhalten. Das erhöht wiederum die Sicherheit und bewirkt, dass die Mitarbeiter in solchen Situationen deutlich weniger Stress empfinden.“, so Dr. med. Kathrin Schwerdtfeger, Oberärztin für Anästhesie und Intensivmedizin am Klinikum Traunstein.
Engagement der Eva Mayr-Stihl Stiftung am Klinikum Traunstein
Die Eva Mayr-Stihl Stiftung engagiert sich schon seit einigen Jahren am Klinikum Traunstein. Im vorletzten Jahr konnte das mobile ECMO-Notfallteam mit zwei zusätzlichen mobilen Herz-Lungen-Maschinen und einem eigenen Einsatzfahrzeug verstärkt werden. Auf dem Höhepunkt der Pandemie im Jahr 2020 stiftete sie ein eigenes Covid-19-Schnelllabor für das Klinikum Traunstein. In den Vorjahren hatten Digitalisierungsprojekte im Mittelpunkt der Förderung gestanden.
„Die Mitarbeiter unserer Kliniken sind für unsere Region von enormer Bedeutung. Darum freut es mich besonders, dass es wieder ein neues Projekt zu ihrer Unterstützung gibt. Ein herzliches Vergelts‘ Gott an die Eva Mayr-Stihl Stiftung und deren großzügige Fördertätigkeit“, so Landrat Siegfried Walch.
Robert Mayr, einer der Stifter der Eva Mayr-Stihl Stiftung, hat einen besonderen Bezug zur Region: „Die Region und das Klinikum Traunstein liegen mir besonders am Herzen, denn ich bin dort geboren. Die gemeinsamen Projekte unserer Stiftung mit dem Klinikum Traunstein haben aus meiner Sicht gute Ergebnisse gebracht, die letztendlich allen Bürgern der Region zugutekommen. Menschen im Gesundheitswesen zu unterstützen, ihre wichtige Aufgabe so erfüllen zu können, dass sie selbst gesund bleiben, ist ein Ziel, dem ich mich gerne anschließe. Zumal die Eva Mayr-Stihl Stiftung in der Förderung der Medizin einen ihrer Schwerpunkte sieht“, so Robert Mayr.
Stiftungsporträt
Die Eva Mayr-Stihl Stiftung ist eine unabhängige, gemeinnützige Stiftung. Sie wurde 1986 von Eva Mayr-Stihl und Robert Mayr gegründet. Schwerpunkte der Stiftungsarbeit sind Wissenschaft und Forschung, Medizin sowie Kunst und Kultur.
Stiftungsvorstand: Robert Mayr (Vorsitzender), Michael von Winning
Kontakt Kliniken Südostbayern:
Corinna Noack-Aetopulos
Fundraising und Drittmittelmanagement
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